Landschaftsgestaltung
Landschaftsgestaltung ist eine kulturelle Transformation natürlicher bzw. vorgefundener Orte. Das Verhältnis von ‚Natur’ und ‚Kultur’ ist ihre Basis – angelegt ist es bereits im Ursprung des Begriffs ‚Kultur’: lateinisch ‚cultura’, Bearbeitung, Pflege, Ackerbau. ‚Landschaft’ selbst lässt sich begreifen als Ergebnis der Interaktion von Mensch und Natur, in der physischen Produktion ebenso wie in der Wahrnehmung und Reflektion über geographisch definierte Räume. Wir formen sie in unserer Vorstellung und durch unsere Tätigkeit. Die Nutzung kultiviert das vorgefundene Terrain; ihre Spuren erzählen Geschichten.
Was wir als Landschaft wahrnehmen, muss nicht immer unbelassener Naturraum sein; meistens sogar ist es dies nicht; sondern die Umgebung, die wir betrachten, ist schon lange verändert. Dem entsprechend betrifft die professionalisierte Form der Landschaftsgestaltung - die Landschaftsarchitektur und die Landschaftsplanung – den wenig besiedelten ländlichen Raum ebenso wie die dichte städtische Agglomeration. Gespannt zwischen den Polen der Ästhetik und der Nutzung changiert das weite Feld der Profession von der Komposition von Raumbildern bis zu großflächig verantwortungsvollen Nutzungsanordnungen.
Das Aufgabengebiet umfasst landschaftsarchitektonische Gestaltungen von Freiräumen wie Gärten, Wohnumfeldverbesserungen, Höfe, Parks, innerstädtische Plätze und Straßenzüge bis hin zu Strukturkonzepten für Bereiche, die durch gesellschaftliche Umbrüche disponibel geworden sind, und allgemeinen landschaftsplanerischen Aussagen für die verschiedenen Planungsebenen in Stadt und Land. Landschaftsverbrauch, Verdichtungen, Klimawandel, schrumpfende Städte - dem stehen Schutzkonzepte, Konversionen, Reparaturen, Gestaltung und Rückeroberung von Freiräumen etc. gegenüber.
Landschaft wird heute somit viel umfassender verstanden, als man zunächst vermuten mag. Gemeint sind verschiedenste Arten von Umgebungen - ob naturnah oder artifiziell überformt, ob Natur- oder Kultur-, ob Industrie- oder Stadtlandschaften - und die Art sie zu betrachten und mit ihnen umzugehen. Vorschläge, Konzepte, neue Bilder, Entwürfe für Interventionen werden auf den unterschiedlichsten Maßstabsebenen erwartet, vom Objektdetail bis hin zum Masterplan, von Einzelpflanzen bis zum Biotopverbund, von der innerstädtischen Dachterrasse bis zur großräumigen Landschaft.
Dabei handelt es sich um private, halböffentliche und öffentliche Bereiche, in denen Menschen aufeinander treffen. Garten, Landschaft, Freiräume sind gesellschaftlich bedeutsam für die soziale Begegnung, individuelle oder gemeinschaftliche Freizeitaktivitäten, für Kultur und Politik - auch weiterhin in medienorientierten Gesellschaften. Kommt ergänzend der Ruf nach einem lebenswerten Umfeld mit kurzen Wegen im Sinne der Nachhaltigkeit hinzu, wird spätestens klar, dass attraktive Freiflächen hierzu ihren Beitrag leisten. Antworten zu den damit verbundenen technischen, naturwissenschaftlichen, ökologischen, sozialen und ästhetischen Aspekten werden mit der landschaftsgestalterischen Leistung erwartet.
Aus dem dichten Bezug zu unseren natürlichen Grundlagen ergibt sich die ethische Dimension dieser Tätigkeit. Dem das vorgefundene Terrain durch Nutzung kultivierenden Menschen obliegt eine Handlungsentscheidung bezüglich des Umgangs mit dem Lebensumfeld, die gekoppelt ist an die Grenzen der natürlichen (physischen, geographischen, geologischen, klimatischen, biologischen etc.) und der gesellschaftlichen Phänomene und Bedingungen.
Das dazu gehörende Bewusstsein über Landschaft, die Art sie zu empfinden, aufzufassen und wertzuschätzen, kann durch lebensgeschichtliche Erfahrungen durchaus verschieden sein, erkennbar am Extrem: Bewohnern von semiariden und ariden Gebieten sind die Besonderheit des Wachstums und die Fragilität seiner Bedingungen in der zu pflegenden Oase täglich präsenter als Europäern, die mit Wasser im Überfluss und einem gemäßigten Klima gesegnet sind. Der umgrenzte Garten dieser trockenen Regionen (alt-persisch: pairi.daêza = umgrenzter Bereich) ist Synonym für den Paradiesgarten. Von dort aus betrachtet gleicht die Gestaltung von Gärten in Europa der Gestaltung von kleinen Paradiesen innerhalb eines einzigen großen Paradieses in dem Bestreben, besondere Orte innerhalb des bereits bewohnbaren Ganzen zu schaffen.
Bei genauerer Betrachtung wird aber klar, dass diese Fülle in den gemäßigten Zonen ebenso bedroht ist wie die Oase von der Wüste. In der Gebietsentwicklung wird allzu oft an die Grenzen der natürlichen Selbstregenerierbarkeit oder über diese hinausgegangen, ohne ein Landschaftsbewusstsein oder unter dessen Ignorierung, mit dem Resultat der Unwirtlichkeit der Lebensräume. Die Beachtung des Ressourcenschutzes, ein effizienter Einsatz der Mittel und die sinnfällige Anordnung von unterschiedlich genutzten Bereichen sind hier im Grunde ebenso dringend geboten wie in den klimatisch weniger begünstigten Regionen. Eingebunden in die ökonomischen Prozesse changiert allerdings die Wertschätzung von Garten, Landschaft, öffentlichen und privaten Freiräumen. Dabei erhöhen sich die Chancen von Zukunftsentwürfen (Planungen), die auf Verantwortung für das natürliche und soziale Umfeld sowie für sich selbst ausgerichtet sind, wenn sie nicht im Gegensatz zur Ästhetik, sondern integriert gedacht werden.
Eine Gestaltung, die den Umgang mit Pflanzen und ihrem Lebensraum im Blick hat, setzt immer ein Zeitdenken voraus. Die Faszination von Pflanzen als Gestaltungsmaterial liegt in deren unablässiger Veränderung, Fragilität und Vergänglichkeit. Mit Wachstum, mit Farbe und Formen, Dichte und Weite sind sie deutlich sichtbar temporäre Erscheinungen, die im Wechsel der Jahreszeiten aufblühen und vergehen. Das Erscheinungsbild von Gärten, ihre räumliche Organisation und ihr Erleben sind zeitorientiert. Der Wandel an sich, die kontinuierliche Veränderung im Rahmen der natürlichen Prozesse wie die räumliche Transformation durch Metamorphose, gestaltenden Eingriff und Konstruktion, sind hier Thema. Im Ergebnis entstehen im Kontext des Terrains, der damit verbundenen Funktionen, der Geschichte des Ortes, der kulturellen Prägung und des Imaginären begehbare, permanent sich verändernde Räume. Unbewusst und auch gewollt sind in ihnen persönliche Erfahrungen erkennbar; vergangene Bilder und Stimmungen, Atmosphären, fließen in die Entwürfe von etwas Neuem ein.
Weniger in pragmatische Funktionen eingebunden als die Hochbauarchitektur kann sich die Freiraumgestaltung Spielräume erschließen, durch die sie vom Hintergrund zum eigentlichen Gegenstand der Kontemplation wird. Zweckfreier und ontologischer über Gestaltung reflektierend, dehnt sich das planerische Feld zu kreativ spielerischen Interpretationen im Umgang mit den natürlichen Elementen. In der Überschneidung mit den ‚freien’ Künsten werden Landschaftskunst, temporäre Gärten und Installationen bis hin zu ironisierenden Objekten möglich. Dies wird umso sinnfälliger, als die Kunstdiskussion selbst häufig über die Thematisierung von Naturphänomenen, deren Wahrnehmung und Statements zur Landschaft hinführt.
Im Rahmen der Transformation vorgefundener Räume können Wissenschaftsbezug, historische Referenz, die natürlichen Elemente (bzw. das Material an sich) Bedeutung für den Entwurf erlangen. Mit kreativer Offenheit lassen sich für die unterschiedlichsten Aufgaben Lösungen finden, seien es Neuentwicklungen oder Umbauten, Stadt- oder Landschaftsräume, Parks, Plätze oder kleine Oasen…. Mit einem solchen, an spielerischer Leichtigkeit orientierten Ansatz lassen sich besondere – gerne auch schöne - Landschaften gestalten.